Donnerstag, 28. Mai 2015

... und wie ich es mir wieder zurückholte

(Fortsetzung zu dem Post von vorgestern)

Ich erinnere mich nicht mehr genau daran wie es passierte. Ich hatte gerade gelernt, dass ich mich damit abfinden muss, niemanden zu kennen, der mich versteht oder dem ich besonders viel bedeute. Ich sah, dass mir was fehlte, aber ich interpretierte dieses Gefühl als einen völlig normalen Zustand, in dem jeder zwangsläufig lebt und mit dem man sich ganz einfach arrangieren muss. Dazu kam noch, dass ich mich psychisch gerade von Florian gelöst hatte und so war es nicht gerade überraschend, dass ich irgendwie in der Luft hing. Ich war unglücklich und ich gab mir die Schuld dafür, meiner Trägheit und meinem fehlenden Mut. Doch egal wie stark ich nachdachte, ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mir helfen könnte.

Und dann sah ich ihn wieder. In den 39 Monaten intensivsten Anschweigens hatte ich Alex ein Paar mal gesehen. Seit er die Schule beendet hat ziemlich genau 4 Mal. Es waren jedes Mal die unangenehmsten Angelegenheiten. Jedes Mal wurde er von meiner Anwesenheit überrascht (hätte er sie erwartet, wäre er mit Sicherheit zu Hause geblieben) und jedes Mal konnte ich sehen, wie er in sich hineinsunk, als er mich sah. Ich versaute ihm den Abend, das war mehr als ich ertragen konnte. Einmal ging ich dann einfach, 10 Minuten nachdem ich gekommen war. Ein anderes Mal machte ich mir einen Spaß daraus, ihn direkt ins Gesicht Fragen zu stellen und ihn dabei zu beobachten, wie er sich zusehenst anstrengte, sie mit nur einem Wort zu beantworten. Das dritte Mal wurde ich wütend und als er ging, rief ich ihm hinterher, er hätte mir wenigstens Auf Wiedersehen sagen können. Das letzte Mal blieb ich still und hasste ihn. Eigentlich hasste ich mich. Doch er schien sich einen Spaß daraus machen, mich zu quälen und ich verstand einfach nicht, was ich ihm angetan haben mochte.

Es verging über ein Jahr in dem ich ihn nicht sah. Und ich fand mich damit ab, wohl wissend, dass er eigentlich eine Rolle in meinem Leben spielen sollte. Doch ich resignierte. Ich ließ ihn gehen. Ich konzentrierte mich auf meine aktuellen Freunde und war zutiefst unzufrieden.

Und dann hatte ich eine Erkenntnis. Die meisten großen Entscheidungen, die ich treffe, haben ihren Ursprung in einem solchen Moment, in dem ich plötzlich vollkommen klar bin und in dem ich mich fühle, als wäre ich mir einer Sache noch nie so sicher gewesen. Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass ich mich an einem Art Wendepunkt meiner Existenz befinde, als würde mein gesamtes Lebensglück von jener Idee abhängen. Ich nenne dieses Vorkomnis "Geistesblitzlichtgewitter" und bisher wurde ich noch nie von ihm enttäuscht. Ich musste Alex also zurückgewinnen. Und ich würde all meine Kraft, meine Zeit und meinen Mut für den Versuch verwenden, wenn es nötig ist. Alles andere wurde unwichtig.

Ich brauchte also einen Plan. Alex ist ein Mensch, der keine Kompromisse eingeht. Und er ist jemand, der seine Prinzipien um jeden Preis einhält. Das machte mein Vorhaben auch so kompliziert, denn es war davon auszugehen, dass er den Beschluss gefasst hatte, nie wieder so zu tun, als würde es mich geben. Ich brauchte daher eine Strategie, die es mir ermöglichte, einen bereits verlorenen Krieg drei Jahre nach seiner Beendigung doch noch für mich zu entscheiden. Ja, ich überkompensiere. Aber genau so fühlte es sich an.

 Und dann dieser eine Abend, Anfang April diesen Jahres. Ein Freund von uns feierte seinen 21sten Geburtstag. Ich hätte noch ein wenig mehr Zeit gebraucht und ich rechnete auch nicht damit, dass er auftauchen würde. Und doch stand er dann plötzlich in der Tür. Ich war mir bewusst, dass dies der Abend sein würde, deutlicher konnte mir das Schicksal kein Zeichen senden. Schließlich hatte ich ihn ein Jahr lang nicht gesehen. Und kaum fasse ich einen wagemutigen Entschluss, kommt er zu einer Party, von der er gewusst haben muss, dass ich da sein würde. Ich kramte also alles Selbstvertrauen, das eine Soziophobikerin, wie ich es bin, aufbringen kann, zusammen und setzte meinen lückenhaften und viel zu wagen Plan in die Tat um.

Und dann liefen die Dinge auch noch so verdammt günstig für mich.

 (letzter Teil meiner kleinen autobiografischen Geschichte höchstwahrscheinlich morgen)



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